Keine Kündigung ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung
Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 13.12.2018 (Az.: 2 AZR 378/18) Klarheit für Praxis zur Auslegung des § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX (bis zum 31.12.2018: § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX) geschaffen.
Nach dem neuen § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne die ordnungsgemäße Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausspricht, unheilbar nichtig.
Allerdings hat der Gesetzgeber das Verfahren der Beteiligung nur rudimentär geregelt. Danach ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung bei allen Angelegenheiten, die einen schwerbehinderten Menschen berühren, (i) unverzüglich und umfassend zu unterrichten, (ii) anzuhören und (iii) ihr die getroffene Entscheidung unverzügliche mitzuteilen.
Völlig offen war bis zur o. g. Entscheidung, zu welchem Zeitpunkt die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zu erfolgen hat, welche inhaltlichen Anforderungen an die Anhörung zu stellen sind und wann das Anhörungsverfahren beendet ist.
Das BAG hat folgendes klargestellt:
Die Schwerbehindertenvertretung ist vor jeder Beendigungs- oder Änderungskündigung eines schwerbehinderten oder eines mit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Menschen zu beteiligen. Das gilt auch für Kündigungen in der sechsmonatigen Wartezeit es § 1 KSchG.
Die Unterrichtung und Anhörung der Schwerbehindertenvertretung muss nicht zeitlich vor der Anhörung des Betriebsrates und auch nicht vor dem Antrag an das zuständige Integrationsamt erfolgen. Entscheidend ist, dass die Schwerbehindertenvertretung vor dem Kündigungsausspruch angehört wird.
Der ausreichende, aber auch notwendige Inhalt der Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie die Anhörung des Betriebsrates nach § 102 Abs. 1 BetrVG.
Die Schwerbehindertenvertretung hat die gleichen Stellungnahmefristen wie der Betriebsrat zu beachten (§ 102 Abs. 2 BetrVG analog). Das Anhörungsverfahren ist beendet, wenn die Frist zur Stellungnahme durch die Schwerbehindertenvertretung abgelaufen ist oder eine das Verfahren abschließende Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vorliegt.
Nach der Anhörung hat der Arbeitgeber der Schwerbehindertenvertretung die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen (§ 178 Abs. 2 Satz 1, 2. HS SGB IX). Verletzt der Arbeitgeber diese Mitteilungspflicht, führt das nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht ist nicht einmal bußgeldbewehrt.
Dies bedeutet für Sie als Arbeitgeber:
Die Beteiligungsverfahren der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates stehen gleichrangig nebeneinander und folgen inhaltlich und zeitlich den gleichen Regeln. Die Anhörungen können gleichzeitig eingeleitet werden, vor oder nach dem Antrag an das Integrationsamt, zwingend aber vor Ausspruch der Kündigung, andernfalls ist die Kündigung unheilbar nichtig. Gerade bei den kurzen Fristen im Rahmen einer fristlosen Kündigung, bedarf es hier einer strukturierten Vorgehensweise.
Wollen Sie hierbei „teure“ Fehler vermeiden, ist es ratsam, vor Abgabe der Anhörungen an den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren.
Rechtsanwalt Dietmar Schnitzmeier ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und seit mehr als 25 Jahren auf dem Gebiet des Kündigungsschutzrechts spezialisiert. Er ist sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer tätig. Gerne stehe ich für eine Beratung zur Verfügung
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